Petra van Bremen, 64
Model
Petra van Bremen, 64
Foto: Michael Kubenz
„Jetzt habe ich den Mut, neue Wege einzuschlagen, jetzt traue ich mich mehr“
Foto: Michael Kubenz
Sie haben ein Buch geschrieben mit dem Titel „Die beste Zeit ist jetzt“. Ist das tatsächlich so?
Wenn es um mich persönlich geht, kann ich sagen: ja, das ist so. Natürlich hat auch die Jugend ihren Charme; die Unbefangenheit, mit der man an Dinge herangeht. Mir aber geht es heute sehr viel besser mit der im Laufe der Jahre gewonnenen Gelassenheit. Früher war ich eher verunsichert – auch mir selbst gegenüber. Inzwischen hat sich in mir aber eine innere Zufriedenheit, hat sich ein angenehmes Selbstbewusstsein und ein Gleichgewicht manifestiert, das finde ich schön. Jetzt habe ich den Mut, neue Wege einzuschlagen, ich traue mich mehr.
Was ist passiert?
Früher hatte ich noch nicht das zu erzählen, was ich jetzt zu erzählen habe. Als damals der Ruf aus Paris kam, als Model dorthin zu gehen, habe ich abgelehnt, da fehlte mir der Mut. Aber wenn mir jetzt etwas Neues auf meinem Weg begegnet und es passt zu mir, dann mache ich das.
Auch für sie ist es schön zu sehen, dass es nach oben keine Grenzen gibt, dass man auch als älteres Model noch eine Zukunft vor sich hat.
Die Petra von heute ist eine andere als die mit 30?
Schaue ich in den Spiegel, sehe ich kein Alter, da ist nur Petra. Aber die Petra hat sich gefestigt. Früher hat sie gesucht und die Meinungen anderer waren wichtig. Heute ist sie in Balance und zufrieden mit sich selbst, das ist ein Riesenunterschied. Ich habe meine Mitte gefunden; da schlägt nichts aus nach links oder rechts.
Wie fühlt sich die Zusammenarbeit mit jungen Models an, häufig sind sie 30 Jahre jünger?
Die Erwartungen und Anforderungen sind am Ende immer gleich. Und es ist tatsächlich auch schön, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Und ich bin überzeugt: Auch für sie ist es schön zu sehen, dass es nach oben keine Grenzen gibt, dass man auch als älteres Model noch eine Zukunft vor sich hat. Ich werde nächstes Jahr 65. Ich freue mich einfach über die Möglichkeiten; die Arbeit gibt mir Energie und ist auch Bestätigung für mein Selbst.
Foto: privat
Ich habe meine Mitte gefunden; da schlägt nichts aus nach links oder rechts.
Wie wichtig ist das Alter für sie selbst?
Bei den Geburtstagen von 30 auf 40 oder von 40 auf 50, da war alles locker, aber beim 60.; da war es das erste Mal, dass ich mich gefragt habe; wo willst du jetzt hin, wo stehen ich und mein Mann, wie wollen wir die letzte Lebensphase ausfüllen, wenn wir gesund bleiben? Wahrscheinlich hatte es auch damit zu tun, dass Menschen in unserer Umgebung krank geworden oder gestorben sind. Man merkte schnell, wie dankbar man sein muss, dass man gesund ist. Aber unabhängig davon: Warum sollte ich nicht zu meinem Alter stehen, es passieren doch noch solche tollen Sachen. Natürlich habe ich auch Tage, an denen morgens die Augen verquollen sind oder die Beine geschwollen, weil mein Wasserhaushalt nicht gut funktioniert. Aber ich kann es nicht ändern. Das ist der Lauf der Dinge.
Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?
Mit meinem Mann so lange wie möglich zu leben. Dass wir zusammen Hand in Hand in unsere letzte Lebensphase reinspazieren – mit allen Herausforderungen rechts und links.
Da steht doch nirgends; du bist jetzt 65 – und goodbye, das wars. Wir haben doch kein Ablaufdatum.
Haben Sie für sich selbst schon alles geregelt?
Ja, ich fand das wichtig. Wenn denn gar nichts mehr geht, dann kann mein Mann die richtige Entscheidung für mich treffen, da vertraue ich ihm vollkommen. Meine Mutter war an Alzheimer erkrankt. Ich habe gesehen, was diese Krankheit mit einem Menschen macht; sie nimmt einem die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen.
Was glauben Sie, bekommen die Älteren den Respekt von der Gesellschaft, den sie verdienen?
Es gibt noch immer ein Imageproblem. Jeder möchte lang leben, aber niemand möchte alt aussehen. Zugleich merke ich, wie groß das Bedürfnis ist, man selbst sein zu dürfen. Altersdiskriminierung – ich möchte das Wort eigentlich gar nicht aussprechen – , aber die existiert ja tatsächlich; und ich finde es nicht immer positiv, was da passiert, wenn etwa Moderatorinnen beim Fernsehen ausgewechselt werden, weil sie nicht mehr ins Bild passen. Daher ist es auch wichtig, dass sich die Gesellschaft dafür stark macht und die Weisheiten honoriert, die die Älteren gesammelt haben. Da steht doch nirgends; du bist jetzt 65 – und goodbye, das wars. Wir haben doch kein Ablaufdatum. Wenn ich für eine Fashionshow gebucht werde, spüre ich bei den Frauen im Publikum, wie toll sie es finden, dass sie sich in ihrer Altersgruppe spiegeln können, ich kann in ihren Augen sehen, wie sie sich sagen: Schaut, wenn sie das Kleid trägt, kann ich das vielleicht auch oder wenn sie graue Haare trägt, dann kann ich es vielleicht auch mal ausprobieren.
Buch-Tipp
Deine beste Zeit ist jetzt
Knesebeck-Verlag
Gebunden mit Schutzumschlag
208 Seiten
ISBN 978-3-95728-657-4
Mehr Informationen:
www.petravanbremen.com
Es gibt noch immer ein Imageproblem. Jeder möchte lang leben, aber niemand möchte alt aussehen. Zugleich merke ich, wie groß das Bedürfnis ist, man selbst sein zu dürfen.